Beängstigend
Ich habe immer damit gerechnet, dass es passiert, jetzt ist es soweit. Ich sitze da, lange nach der Deadline, und es will mir nichts einfallen für diese Kolumne. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Einerseits steht da, ich will ehrlich mit euch sein, das eine Thema wie ein rosaroter Elefant im Raum, das Thema, über das ich viel zu schreiben hätte, aus vernünftigen Gründen aber nicht tun sollte. Man will ja kein Öl ins Feuer giessen, kein Schittli nachlegen, man glaubt manchmal, einer Sache mehr zu dienen, wenn man nichts zu ihr sagt. Es wird sich zeigen, ob ich damit richtig liege.
Dann ist es leider auch noch so, dass ich in den Ferien bin. Daheim, man kann und soll ja nirgendwohin und nun ist diese Sonne da, diese Schönheit des Nichtstuns, die es nur zuhause gibt, überall sonst ist man doch meistens dem Druck ausgeliefert, etwas zu unternehmen und sei es nur, im Wellnesshotel den Termin für die Massage nicht zu verpassen. Hier daheim ist einfach nichts als diese Wärme, die durch die Fensterscheiben drückt, die so schön einlullt und vieles in mir auslöst, ausser dem Drang, mich an einen Computer zu setzen. Und schliesslich ist da auch noch die Zeit, die mir fehlt, weil das Nichtstun einhergeht mit den Kindern, die ich dauernd um mich habe in diesen Ferien, ebenso schön wie gänzlich ungeeignet dafür, Gedanken zu Papier zu bringen. So ist das.
Diese Ferien zuhause sind wunderbar, ich kann es nur empfehlen. Obwohl ich das nicht sollte. So Leute wie ich sind nämlich mit ein Grund für die Misere in der Schweizer Hotellerie. Für diese wird es eng. Eine Umfrage des Verbands Hotelleriesuisse hat ergeben, dass 37 Prozent der befragten Betriebe sich gezwungen sehen, in den nächsten Monaten Personal zu entlassen. Die Sommersaison war zwar überdurchschnittlich gut, aber es reicht nicht aus, um die erwarteten Verluste dieser zweiten Welle, ob sie nun schon da ist oder erst noch kommt, auch nur annähernd abzufedern. Der Branche geht buchstäblich der Schnauf aus.
Das Hotel- und Gastgewerbe ist ein grosser Arbeitgeber, insbesondere ein grosser Arbeitgeber für Frauen. Für Frauen im Tieflohnbereich. So viele Menschen kämpfen gerade wortwörtlich um ihre Existenz, müssen täglich mit der Kündigung rechnen. Es sind ausgerechnet jene, die ohnehin schon unter teils prekären Bedingungen arbeiten. Und für viele ist die Arbeitslosigkeit bereits Realität geworden, so für die 270 Mitarbeitenden des Swissôtel in Oerlikon, das letzte Woche die Schliessung bekanntgab.
Fast gleichzeitig, weil ja so passend, lehnte die Rechtskommission des Nationalrats das Gesetz ab, das einen Teilerlass der Mieten für Gewerbebetriebe gesetzlich festgeschrieben hätte. Es geht um 60 Prozent weniger Miete während der zwei Monate des Lockdowns. Nicht so arg für die Immobilienbesitzenden, viel Geld für das Gewerbe. Auch diesen Betrieben geht so nun der Schnauf aus, auch diese Betriebe werden Kündigungen aussprechen müssen, wenn der Entscheid nicht noch korrigiert wird.
Das ist beängstigend. Aber auch wenn man sie nicht gänzlich verhindern kann, die Krise, so kann man doch entscheiden, ob man sie auf dem Buckel der Menschen austrägt oder eher nicht. Das würde bedeuten, dass man die Betriebe direkt stützt und den Menschen damit den Weg über die Arbeitslosenkasse erspart. Die bürgerlichen Parteien im Parlament werden hier deutlich machen, für wen sie stehen. Das, ja, das ist beängstigend.