Auskotzen

«Fury Rooms» sind Spielzimmer zum brachialen Zerdeppern von Gegenständen.

Vorzugsweise im Industrievorort stehen neben Escape-Rooms und Paintball-Anlagen immer mehr Fury-Rooms, in denen für fünfzig Franken pro zwanzig Minuten mit Axt, Vorschlaghammer, Baselballschläger und ähnlichem auf Gegenstände (schreiend) eingedrescht werden kann. Gemäss einer Pariser Publikumserhebung besteht das Publikum zu achtzig Prozent aus Frauen. Die Bieler Compagnie La Dalle führt im gleichnamigen Stück die schmerzlichen Zusammenhänge vielschichtig und kenntnisreich vor Augen. «Beherrschung gehört zu meinen Grundskills», erzählt Clea Eden, nachdem sie einen Staubsauger zertrümmert hat noch vollends ausser Atem. Auf diese fünf verausgabenden Actionminuten folgt eine ausladend breite illustrierte Erwähnung von angeblichen Umständen, sogenannten Gegebenheiten und einschränkenden Erwartungen, mit denen sich allein eine Frau qua Geschlecht selbsttätig irgendwie zu arrangieren hat. Angefangen bei der körperlichen Versehrtheit nach einer Geburt, über das möglicherweise hochaktive Schreikind, die angeblich ausreichende Ruhephase im sogenannten Wochenbett, eine höchst unzulänglich eingerichtete Elternzeit und die damit einhergehenden ungehörigen Emotionen: Schmerz und Scham, Rachelust und Scham, Ohnmacht und Scham. Und das ist erst der Anfang. «Fury Room» ist ein furioser Rundumschlag, der sich freudig grenzwertig an der faktisch übermenschlichen Erwartung des steten Funktionierens nach Vorgabe für bloss die eine Hälfte der Menschheit abarbeitet. Behandelt wird ein Leben von der Wiege bis zur Bahre, was beinahe so wirkt, als würde die Mutter ihrer Tochter einen szenischen Warnhinweis mit auf den Lebensweg geben wollen, im Wissen darum, wie letztlich hilflos dieser Akt erscheint. Die Performance redet der Notwendigkeit eines Ventils für überschüssigen Grant, unnützes Unrecht und angeblich selbstverständlicher Ignoranz dem allen gegenüber das Wort und feiert das wönnigliche Ausrasten zwecks eigener Psychohygiene.

«Fury Room», 25.10., Theater am Gleis, Winterthur.