- Solarinitiative
Auf die Dächer damit!
Eigentlich haben die Stimmberechtigten bereits am 21. Mai 2017 mit einem Ja-Stimmenanteil von 58,2 Prozent dem ersten Massnahmenpaket zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 zugestimmt. Dieses diene dazu, «den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu erhöhen und erneuerbare Energien zu fördern», hiess es damals im Abstimmungsbüchlein. Mit dem Ja zum Stromgesetz am 9. Juni wurde diese Stossrichtung ein weiteres Mal bestätigt, und das obendrein mit einem noch höheren Ja-Stimmenanteil von 68,72 Prozent. Nun gibt es eigentlich nur noch eines zu tun: endlich vorwärts zu machen mit dem Ausbau der Erneuerbaren.
Die Sonne scheint gratis
Das scheinen sich auch die Grünen Schweiz zu sagen, die letzte Woche zusammen mit mehreren Verbündeten, darunter den Jungen Grünen, der SP, der Schweizerischen Energiestiftung SES und den KlimaSeniorinnen Schweiz, ihre Solarinitiative lanciert haben. In ihrem ausführlichen Argumentarium (es steht auf der Webseite solar-initiative.info zum Herunterladen parat) halten die Initiant:innen fest, dass es in der Schweiz genügend Dächer, Fassaden und Infrastrukturen gibt, «um den gesamten aktuellen Strombedarf der Schweiz und mehr mit Solarenergie zu decken. Stand heute wird nicht einmal ein Zehntel dieses Potenzials genutzt.»
Entsprechend lautet die Hauptforderung der Initiative, dass künftig standardmässig auf allen geeigneten Dächern, Fassaden und Infrastrukturen Solaranlagen installiert werden sollen. Ausnahmen bei Härtefällen sollen möglich sein, und der Bund soll den Bau der Anlagen wenn nötig finanziell unterstützen können. Die Initiant:innen halten ausserdem fest, dass die Solarinitiative einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zum Klimaschutz leiste und obendrein Arbeitsplätze in der Schweiz schaffe. Und damit noch nicht genug: «Zusätzlich bringt die Solarinitiative günstigere Strompreise, denn die Sonne scheint überall gratis.» Statt der x-ten Scheindebatte zu AKW, die niemand bauen – und erst recht nicht versichern – wolle, plädieren die Initiant:innen dafür, endlich das Naheliegendste zu machen, nämlich das, was rasch, einfach und günstig ist: Rauf auf die Dächer mit den Paneelen!
Nägel mit Köpfen machen
Die Maximalforderung der SVP während der Beratung des Stromgesetzes lautete bekanntlich: keine Solarpflicht, auch nicht auf grossen Dächern, dafür neue AKW. Die Grünen hingegen verlangten eine Solarpflicht auf allen Dächern. Beide drangen mit ihren Anliegen nicht bzw. nur teilweise durch (die Solarpflicht gilt gemäss neuem Stromgesetz erst ab 300 Quadratmetern Dachfläche). Bereits unterwegs ist die Blackout-stoppen-Initiative, die verlangt, dass das AKW-Neubauverbot aufgehoben wird, und nun kommen auch die Grünen noch mit einer Initiative: Ist das klug, so kurz nach der Abstimmung zum Stromgesetz?
«Wir müssen jetzt sammeln»
Der ehemalige Co-Präsident der Grünen Kanton Zürich, Simon Meyer, ist Mit-Koordinator der Solarinitiative und fürs Sammeln und das Campaigning im Kanton Zürich zuständig. Was den Zeitpunkt der Lancierung betrifft, gibt er zu bedenken, dass «wir jetzt sammeln müssen, damit in rund vier Jahren über die Initiative abgestimmt werden kann». Er erinnert aber auch daran, dass das Stromgesetz ein politischer Kompromiss sei: «Wir Grüne stehen voll hinter diesem Kompromiss. Doch je mehr Paneele auf Dächern und an Fassaden installiert werden, desto weniger Anlagen braucht es in der freien Natur – auch wenn letztere, zusammen mit der Wasserkraft, zur Winterstromproduktion ebenfalls nötig sind.» Auch wenn die Atomfreund:innen Solarstrom jeweils als «Flatterstrom» diskreditierten, ändere das zudem nichts daran, dass die Stromspeichertechnik zurzeit grosse Fortschritte mache, «und statt mit Atomstrom könnten wir künftig unsere Speicherseen auch mit Strom von Solarpaneelen füllen».
Dafür, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen, spreche weiter die Tatsache, dass es künftig nicht nur den bisher gebrauchten Strom erneuerbar zu produzieren gilt: Im Hinblick auf das seit längerem beschlossene Netto-Null-Ziel wird – mit Wärmepumpen statt Ölheizungen und E-Autos statt Benzinern – auch der Stromverbrauch steigen. Setzten wir auf die Sonne, steige damit aber auch die Wertschöpfung im Inland: «Wir rechnen mit 85 000 Arbeitsplätzen mehr», sagt Simon Meyer.
Geld bleibt im Inland
Was allfällige Härtefälle betrifft, erklärt er, dass eine Solaranlage ja nicht bloss Geld koste, sondern einen Ertrag in Form von Strom zum Eigengebrauch oder zum Einspeisen bringe: «Es handelt sich um eine Investition, obendrein um eine, die sich garantiert lohnt. Die Finanzierung sollte also kein Problem sein.» Und was antwortet er jenen Menschen, die auf der Suche nach dem Haar in der Suppe erklären werden, die Grünen wollten uns bloss wieder ihre Sicht der Dinge und ihre Lebensweise aufs Auge drücken? «Bei Vorlagen wie dem Energiegesetz von 2017 oder aktuell dem Stromgesetz erklären die Gegner:innen jeweils, es brauche keine Pflicht, Erneuerbare zuzubauen, das werde auch so gemacht, ganz ohne Zwang. Nur: Wenn das so ist, braucht niemand Angst zu haben vor entsprechenden Regeln, denn er:sie erfüllt sie ja bereits freiwillig.»
Wer befürchte, dass es wegen des Fachkräftemangels gar nicht möglich sei, all die Paneele zu montieren, könne er ebenfalls beruhigen: «Die Übergangsfrist nach Einführung der neuen Regeln wird 15 Jahre betragen, es sollte also kein Problem sein, die nötigen Handwerker:innen zu finden. Sicher ist aber, dass der Zubau auf bestehender Infrastruktur hiesigen Betrieben, auch kleineren Handwerksbetrieben, Aufträge bringen wird.» Schliesslich gibt Simon Meyer noch zu bedenken, dass wir zurzeit rund sieben Milliarden Franken pro Jahr für Erdöl, Erdgas etc. ausgeben, Geld, das ins Ausland fliesst. Das Geld für die Installation von Solarpaneelen und für den Unterhalt der Anlagen hingegen würde im Inland ausgegeben: «Ich verstehe nicht, wie man das als SVPler ablehnen kann.»
Weitere Infos und Unterschriftenbögen:
https://gruenezuerich.ch/blog/allgemein/solar-initiative