Bild: Hannes Henz

Alter, Areal, Ausländer:innen

Der Zürcher Gemeinderat will gegen die Entscheide des Bezirksrats zur Basishilfe rekurrieren. Die Umsetzung der Altersstrategie ist auf Kurs, und die Mehrheit unterstützt ein Postulat für Alterswohnungen auf dem Areal, auf dem sich bis vor Kurzem das Kinderspital befand.

Mit einer weiteren Folge der langen Geschichte um die Basishilfe (P.S. berichtete) befasste sich der Zürcher Gemeinderat in seiner Doppelsitzung vom Mittwochabend. Konkret ging es um die Beschlüsse des Rats vom 5. April 2023: Damals stimmte die Mehrheit zwei Rahmenkrediten zu. Der eine war für ein dreijähriges Pilotprojekt «zur Schaffung einer Überbrückungshilfe für Ausländerinnen und Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus» gedacht. Der andere sollte für ein dreijähriges Pilotprojekt «für eine wirtschaftliche Basishilfe für Ausländerinnen und Ausländer mit gültigem Aufenthaltsstatus, die keinen risikofreien Zugang zur Sozialhilfe haben», verwendet werden. Dagegen reichte der ehemalige FDP-Gemeinderat Alexander Brunner beim Bezirksrat Aufsichtsbescherde ein.

Weil der Bezirksrat die Beschwerde guthiess (siehe P.S. vom 1. November), hatte das Parlament nun darüber zu befinden, ob die Stadt den Entscheid des Bezirksrats akzeptieren oder mit einem Rekurs an die nächste Instanz, den Regierungsrat, gelangen sollte. Die Mehrheit der Geschäftsleitung des Gemeinderats habe sich für Ersteres entschieden, gab Roger Meier (FDP) bekannt. Zur Begründung führte er aus, der Stadtrat sei in dieser Angelegenheit «von hochdekorierten Anwälten» vertreten worden. Der Bezirksrat wiederum habe sich auf über 40 Seiten mit der Überbrückungshilfe auseinandergesetzt und klar gemacht, dass das Vorhaben nicht mit übergeordnetem Recht vereinbar sei. Dasselbe gelte für die wirtschaftliche Basishilfe. Es wäre deshalb «aussichtslos», zu rekurrieren, und das Geld, das die Rekurse die Steuerzahler:innen kosten würde, wäre futsch.

Für die Geschäftsleitungsminderheit stellte Lisa Diggelmann (SP) als Erstes klar, diese habe im Ratsplenum die Mehrheit und wolle die beiden Fälle weiterziehen. Aussichtslos wären sie nur bei «eindeutigen Rechtsverletzungen». Zudem würde die Hilfe auf maximal sechs Monate beschränkt, womit es sich nicht um eine Förderung rechtswidrigen Aufenthalts handle. Auch bezwecke die wirtschaftliche Basishilfe keinen Verstoss gegen die Meldepflicht. Es gehe ganz einfach darum, dass niemand «in unwürdiger Not leben soll». Mit 62 gegen 53 Stimmen entschied sich der Rat für den Weiterzug.

Auf Kurs

Zum Bericht «Altersstrategie 2035: Umsetzungsphase 2020-2023» und den zur Strategie gehörigen Massnahmen schickte Kommissionssprecherin Florine Angele (GLP) voraus, die Umsetzung sei «auf Kurs». Die Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich (SAW) sollte es bis 2035 schaffen, 1000 zusätzliche Alterswohnungen bereitzustellen. Die Fachstelle «Zürich im Alter» sei zur «zentralen Anlaufstelle» geworden. Das Tiefbauamt arbeite daran, im öffentlichen Raum mehr altersgerechte Sitzbänke aufzustellen. Spezielle Angebote wie etwa jene in Zusammenarbeit mit dem Verein «queer altern» in der SAW-Siedlung Espenhof (siehe auch P.S. vom 10.7.2020) liefen «sehr gut». Einiges sei abgeschlossen, anderes werde noch weiterentwickelt, fasste Florine Angele zusammen. Sie erwähnte auch noch Themen wie Prävention und Sicherheit, wo die Stadtpolizei involviert sei, oder dass Entsorgung und Recycling Zürich ERZ daran arbeite, dass ältere Menschen die Recyclinghöfe besser nutzen könnten. Die Mehrheit wolle den Bericht zur Kenntnis nehmen, sagte sie und ergänzte, nun als Sprecherin ihrer Fraktion, diese begrüsse den Bericht und stimme der Kenntnisnahme ebenfalls zu.

Für die Minderheit sagte Walter Anken (SVP), es habe zwar «auch gute Sachen» in diesem Bericht drin wie etwa die 1000 Alterswohnungen. Dass günstige Zimmer für Studierende angeboten würden, die im Gegenzug gemeinnützige Arbeit für die älteren Menschen leisteten, sei ebenfalls positiv. Das sei im Übrigen nichts Neues, fügte er an, er habe in jungen Jahren auch so gewohnt. Dennoch fehlten immer noch 6000 Wohnungen, und alle anderen Massnahmen nützten nichts, wenn ältere Menschen ihre Wohnungen verlören und aus der Stadt gedrängt würden. Deshalb sei dieser «Schönwetterbericht» abzulehnen. Sein Fraktionskollege Samuel Balsiger stiess ins selbe Horn und malte das Schreckbild von Menschen an die Wand, die hier gearbeitet und Steuern bezahlt hätten und dann im Alter wegen der Masseneinwanderung aus der Stadt und an die Autobahnausfahrt verdrängt würden, wo sie niemanden kennten. Wie er ausgerechnet auf die Autobahnausfahrt kam, wo seine Partei doch den Autobahnausbau befürwortet, liess er offen. Mit 104 gegen elf Stimmen (der SVP) nahm der Rat den Bericht zur Kenntnis.

Wohnungen statt Zahnmedizin?

Mit einem dringlichen Postulat forderten Reto Brüesch (SVP) und Karen Hug (AL) den Stadtrat auf, den «Erhalt der Gebäude auf dem Areal des Kinderspitals an der Steinwiesstrasse für alternative Nutzungsformen und Zusatzleistungen im Bereich der Altersstrategie» zu prüfen. Karen Hug erinnerte daran, die Planung zu diesem Areal habe unterdessen fast 25 Jahre gedauert, doch nach dem Umzug des Kinderspitals sei offen, was mit den Gebäuden passiere. Alterswohnungen mit Zusatzleistungen würden dort «einen Mehrwert für die Bevölkerung und das Quartier bringen, sagte sie. Für das Zentrum für Zahnmedizin, das der Kanton dorthin verlegen wollte, beliefen sich die Kostenschätzungen ursprünglich auf 200 Millionen Franken, unterdessen seien es etwa 400 Millionen. Auch im Hinblick auf das Netto-Null-Ziel sei zudem der Erhalt bestehender Gebäude sinnvoller als ein Neubau.

Für die Minderheit zeigte sich Deborah Wettstein (FDP) darüber amüsiert, dass die SP im Kantonsrat auf dem Areal Asylunterkünfte fordere, während die SVP im Zürcher Gemeinderat Alterswohnungen wolle. «Die beiden Fraktionen sollten sich vielleicht mal auf einen Kaffee treffen, um sich auszutauschen», schlug sie vor. Das Areal gehöre dem Kanton, der Stadtrat sei deshalb der falsche Adressat für einen Vorstoss, und die Pläne des Kantons seien ebenfalls seit langem bekannt, fügte sie an. Das Zentrum für Zahnmedizin und die Krebsforschung müssten dorthin ziehen können.

Reto Brüesch kam zum Schluss, wenn das Areal schon «nach 25 Jahren Planung der öffentlichen Hand» leer stehe, dann müsse man jetzt prüfen, ob ein Teil für Alterswohnungen zu haben wäre. Dem stimmte Dafi Muharemi (SP) zu: Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, um «einen Fuss reinzubekommen». Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri konnte die beiden beruhigen: Der Regierungsrat sei bereits im Bild und bereit für Verhandlungen mit der Stadt über einen möglichen Verkauf nicht mehr benötigter Gebäude für Alterswohnungen. Das Postulat sei «schon fast erfüllt». Es wurde mit 86 gegen 16 Stimmen (der FDP) überwiesen.