Ein konkreter Vorschlag

Demnächst wird über die Initiative für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub abgestimmt. Die SP Kanton Zürich will noch einen Schritt weitergehen: Sie fordert eine paritätische Elternzeit.

 

Wenn ich mich an meinen eigenen Mutterschaftsurlaub zurückerinnere, so gab es diesen einen Moment, vielleicht so zwei Wochen nach der Geburt. Die Hormonumstellung, die Schmerzen, Stillprobleme und der Schlafmangel setzten mir zu und ich war froh, so froh, dass mein Mann da war. Dass wir zu zweit dieses Neuland beschreiten und uns diesem bezaubernden, aber dennoch unbekannten Wesen annähern konnten.

 

Es gibt keine freie Entscheidung
Ich erinnere mich aber auch daran, dass ich ziemlich fassungslos war. Wie konnte man auf die Idee kommen, dass ein Tag Vaterschaftsurlaub genug wäre? Hätte ich ein wenig mehr Energie gehabt, und wäre ich nicht grundsätzlich gegen Gewalt, dann hätte ich in diesem Moment jedem, der eine solch absurde Meinung vertritt, eins gebrettert.
In einem liberalen Staat dürfen Leute theoretisch selber entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten wollen, solange sie sich an die Gesetze halten. Es wäre aber ein Irrtum zu meinen, diese freie Entscheidung sei heute gegeben. Wir haben mit dem ultrakurzen Vaterschaftsurlaub, den hohen Betreuungskosten und der immer noch vorhandenen Lohnungleichheit eine Situation, die genau darauf ausgerichtet ist, dass am Schluss Väter Vollzeit und Mütter Teilzeit arbeiten – ob sie das nun ursprünglich gewollt haben oder nicht.

 

Frust? Vorprogrammiert.
Gerade im Mutterschaftsurlaub, den die Frau weitgehend alleine verbringt, verfestigen sich diese traditionellen Muster. Die Mutter wird zur Expertin in allen Kinderfragen, der Mann zur Hilfskraft degradiert. Die Organisationslast – die sogenannte «Mental Load» – trägt die Mutter weitgehend alleine, sie ist Projektmanagerin und Ausführende in den meisten Familienangelegenheiten. Und so enden die modernsten Familien, die sich eigentlich vorgenommen hatten, die Aufgaben gleichberechtigt zu teilen, am Schluss dort, wo sie nie sein wollten. Das Resultat: Frust. Auf beiden Seiten.

 

 

 

 

Nur wenn auch Väter ausfallen, werden Mütter nicht mehr benachteiligt
Im Moment beraten die eidgenössischen Räte die Initiative für einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub und über einen Gegenvorschlag von zwei Wochen. Nun kann man sich darüber streiten, ob diese zwei Wochen nichts oder besser als nichts sind. Klar ist: Sie sind nicht genug und allerhöchstens ein Schritt in die richtige Richtung.
Es braucht mehr: Es braucht eine Elternzeit, und zwar eine, die gleich lange Spiesse für Mütter und Väter schafft. So, dass Mütter und Väter alle Vor- und eben auch Nachteile dieser Zeit gleich erleben. Mein Mann hat nach der Geburt vier Wochen Vaterschaftsurlaub gemacht und wäre vermutlich gern auch noch länger geblieben. Aber es geht eigentlich nicht darum, ob die Väter dies nun wünschen oder nicht. Es sollte einfach dazugehören, so wie es bei den Müttern dazugehört. Denn nur so wird es keine Mutterschaftsstrafe mehr geben, weil eben auch Väter ausfallen, und nur so kann echte Chancengerechtigkeit und Wahlfreiheit entstehen!

 

Wir wollen eine ‹echte› Elternzeit
Aus diesem Grund arbeitete eine Gruppe von Frauen und Männern in der SP rund um Kantonsrat Tobias Langenegger und mir darauf hin, eine echte Elternzeit von je 18 Wochen einzuführen. Diese Elternzeit soll auch Regenbogen- und Adoptivfamilien zugutekommen. Wir wollen dies kantonal tun, weil wir glauben, dass auf eidgenössischer Ebene die Diskussion momentan durch den Vaterschaftsurlaub blockiert ist. Fortschrittliche Kantone können in dieser Diskussion Dampf machen, damit die Diskussion überhaupt weitergeht. Im Kanton Bern ist ein entsprechender Vorstoss ebenfalls lanciert. Finanziert werden soll die Elternzeit analog dem Mutterschaftsurlaub über Lohnprozente, weil ja Arbeitnehmende wie auch Arbeitgebende davon profitieren.

 

Resultat des SP-Ideenwettbewerbs
Die SP hat im Rahmen des kantonalen Wahlkampfs einen Ideenwettbewerb durchgeführt. Hier waren wir im ganzen Kanton unterwegs und haben unsere Initiatividee für eine Elternzeit vorgestellt. Mitmachen bei der Abstimmung über die Initiativideen konnten alle, auch Nichtmitglieder der SP. Die Ini­tiatividee für eine Elternzeitinitiative hat am Schluss mit grosser Mehrheit gewonnen. Das zeigt, dass ein grosses Bedürfnis für die Elternzeit vorhanden ist. Im Moment wird der Initiativtext noch juristisch überprüft und genau ausgearbeitet. Die SP hat vor, die Initiative an der Delegiertenversammlung vom 9. Juli definitiv zu lancieren.
Eine Elternzeit löst selbstverständlich nicht alle Probleme – dessen sind wir uns bewusst. Aber sie stellt Weichen: für einen guten Start für Mütter, Väter und vor allem – für echte Gleichstellung.

 

*Dieser Text ist eine aktualisierte Version eines Artikels, den ich im Blog «Anyworkingmom» veröffentlicht habe.

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