(Bild: Coralie Wenger)

1+1=3

Nelly Bütikofer gewinnt aus der Vielzahl menschlicher Wesenszüge eine Spannung.

Scheu, Sorge, Scham hier. Gestaltungswille, Wagemut, Neugier da. Talent, Vermögen, Träume dort. Dazu Schmerz, Widerstand, Erfahrung. Und Furcht, Hoffen, Zweifel. All das und noch mehr steckt in allen. Je verschieden ausgeprägt und ausgelebt. In «Ich-Ausplauderungen» teilen sich Silke Geertz (Schauspiel), Philippe Egli (Tanz), Marc Jenny (Kontrabass) und Marcel Weiss (Projektion) die Einzeleinflüsse, aus denen als Kondensat der Spieltrieb erwächst. Dienlich in der Überwindung von Hemmnissen, für die Bewältigung einer Erfahrung von zu hoch gehängten Zielen, erst recht für das Aufrappeln, Krönchenrichten und Weiterexperimentieren. Als Inspirationsquelle nennt Nelly Bütikofer Kurt Martis annähernd ausufernde Sammlung «Wortwarenladen», worin sich literarische Fundstücke und erfundene Wortkreationen ergänzen, sich den Rang ablaufen, in sich widersprüchliche Signale vereinen und ganz gewiss eine Liebe zur Poesie nähren können. Als ob sich Wort, Klang und Bewegung in ihrer Einnahme eines Raums zunächst misstrauten, treten die drei physisch anwesenden Künstler:innen zuerst separiert voneinander auf. Das wirkt wahlweise monochrom oder eben statisch. So wirds nichts, wird ihnen gewahr, weshalb sie einzeln den Mut fassen, ihre Komfortzone zu verlassen, damit aus einer Ergänzung ein Mehr erwachsen kann. Getreu der streng mathematischen Formel 1+1=3. Als roter Faden dient die Nahbarkeit der Bemühungen, die so oder ähnlich alle von sich selber kennen, weniger ein inhaltlicher Handlungsstrang. Wie eine empirische Beobachtungs- und Lernstudie in Echtzeit. Also auch recht kindlich unbekümmert – hellwach und vorurteilsfrei. Dass hinter der experimentellen Wirkung das Zusammenspiel von Professionellen steckt, könnte leicht vergessen gehen, wenn denn diese vorgelebte Rundumoffenheit publikumsseitig bereits zuvor antizipiert worden ist. Falls nicht, wuchert diese Arbeit regelrecht mit Reizen, dies fürderhin zu tun.

«Ich-Ausplauderungen», 17.1., Helferei, Zürich.