Störfaktor und Bindeglied

Die EVP Kanton Zürich feiert ihren hundertsten Geburtstag. Inhaltlich soll es keine grossen Korrekturen geben, allerdings strebt die Partei eine Verjüngung an.

 

Manuela Zeller

 

«Kiesel in der Brandung», hatte die NZZ ihren Artikel zum EVP-Jubiläum betitelt und das Bild im Text wieder aufgenommen: «Die EVP ist kein Fels in der politischen Landschaft, aber der Stein im Schuh der grossen Parteien». Die Evangelische Volkspartei als kleiner, aber nerviger Störfaktor: Passt das zu einer Partei, die so viel Wert auf Konsens und konstruktive Politik legt?

 

Der designierte Parteipräsident Hanspeter Hugentobler findet durchaus, dass seine Partei Störpotenzial habe: «Wenn die Linke und die Rechte allzu starr in ihren Positionen verharren, können wir Bewegung ins Spiel bringen». Die EVP als unberechenbare Mini-Kraft in den Parlamenten also? «Unberechenbar überhaupt nicht», widerspricht der langjährige Parteisekretär Peter Reinhard entschieden, «wir haben eine klare politische Linie».

 

Wichtiger als der Störfaktor ist den beiden sowieso der verbindende Aspekt ihrer Politik. «Auch die grossen Parteien der Schweiz schaffen alleine keine Mehrheit», bemerkt Peter Reinhard, «selbst die Grössten sind auf die Zusammenarbeit mit den Kleinen angewiesen».

 

Die Weichen sind gestellt

 

Die Kantonspartei nimmt das Jubiläum zum Anlass, ihre Belegschaft zu verjüngen. «Wie alle Parteien ist es für uns eine Herausforderung, junge Menschen für die Politik zu begeistern», erklärt Peter Reinhard. «Ein erster Schritt ist es, den Nachwuchs in wichtige Funktionen nachrücken zu lassen». So wird die Hälfte der Kantonsratsfraktion mit PolitikerInnen der jüngeren Generation besetzt. Auch Hanspeter Hugentobler, der Johannes Zollinger als Parteipräsident ablösen wird, gehört aus EVP-Perspektive fast noch zum Nachwuchs. «In der Politik ist man mit 49 Jahren noch jung», scherzt der ergraute Kantonsrat.

 

Per Dampfloki in die Zukunft

 

Er soll an der hundertsten ordentlichen Delegiertenversammlung am 25. März ohne Gegenkandidatur zum Parteipräsidenten der Kantonspartei gewählt werden. Danach wird das Jubiläum mit einer Fahrt in der Dampfbahn gefeiert. Taugt denn die Fahrt im Museumszug als Symbol für zukunftsgerichtete Politik? «Ja schon, mit Volldampf in die Zukunft», erläutert der Parteisekretär den Jubiläumsevent. Die Zukunft baue schliesslich auch auf Errungenschaften der Vergangenheit auf. Ausserdem seien Zugfahrten deutlich familienfreundlicher als etwa die Besichtigung von Industriebetrieben, ergänzt der Kantonsrat und Parteipräsident to-be. Da zeigt er sich, der Pragmatismus der EVP: Dampfbahnfahrt statt grosses Spektakel, familienfreundlich statt übertrieben originell.

 

So soll es auch in Zukunft weitergehen, die Weichen für die verjüngte EVP sind gestellt: Pragmatisch und konsensorientiert; grün, sozial und in gesellschaftlichen Fragen konservativ. Während inhaltlich keine grossen Veränderungen anstehen, gebe es punkto Kommunikation noch Luft nach oben, findet Hanspeter Hugentobler, der nicht nur Politiker, sondern auch diplomierter Journalist ist. Mitteparteien hätten es schon immer schwer gehabt, pointiert zu kommunizieren, wer den Konsens suche, sei naturgemäss weniger laut als jene, die mit der Faust auf den Tisch hauen. «Es gibt durchaus noch WählerInnen, die politisch auf unserer Linie sind, das aber gar nicht wissen». Das liege auch daran, erklärt Peter Reinhard, dass die EVP mit kleinem Budget Politik mache. «Wir überzeugen mit solider Arbeit in diversen Ämtern», ergänzt Hanspeter Hugentobler, «und nicht mit grossen, teuren Kampagnen». Pointiert heisst aber nicht polemisch, auf politischen Lärm will die Partei auch weiterhin verzichten.

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