Sollen Städte für Banken bluten?

Wer nicht will, dass die Städte und die Gemeinden künftig für Banken und Immobilienfirmen bluten sollen, stimmt am 10. Juni Nein zur Verrechnung von Geschäftsverlusten mit Grundstückgewinnen.

 

 

Markus Bischoff*

 

 

Am 10. Juni 2018 stimmen wir im Kanton Zürich über Steuergeschenke für Grossbanken und Immobilienfirmen ab. In Zukunft soll die Verrechnung von Geschäftsverlusten bei der Grundstückgewinnsteuer für juristische Personen zugelassen werden.

 

Was furchtbar technisch tönt, ist ganz einfach. Wer ein Grundstück mit Gewinn verkauft, muss darauf eine spezielle Steuer, die Grundstückgewinnsteuer bezahlen. Diese Steuer ist stark progressiv. Bei Gewinnen über 100 000 Franken beträgt die Steuer 40 Prozent. Wer ein Grundstück nach einem Jahr bereits wiederverkauft, zahlt einen Zuschlag von 50 Prozent auf der errechneten Steuer. Ab fünf Jahren Besitzesdauer wird die Steuer dafür reduziert. Damit soll besonders die Spekulation besteuert werden. Diese Steuer wird unabhängig vom Einkommen und Vermögen erhoben. Auch wer nichts verdient, muss auf seinen Gewinn aus Grundstückverkäufen Steuer bezahlen. Anders als die Einkommens- und Vermögenssteuer fliesst diese Steuer nur den Gemeinden zu. Der Kanton profitiert von dieser Steuer keinen roten Rappen. Mit der Gesetzesänderung sollen nun juristische Personen ihre Grundstückgewinne mit den Geschäftsverlusten verrechnen können und so in schlechten Jahren die Grundstückgewinnsteuer umgehen können.

Diese Gesetzesänderung ist aus folgenden Gründen skandalös:

 

Städte einseitig betroffen

Weil die Grundstückgewinnsteuer alleine den Städten und den Gemeinden, nicht aber dem Kanton zufliesst, zahlen auch diese alleine die Zeche. Der Stadt Zürich gehen durch diese Gesetzesänderung Millionen verloren. Alleine im Jahre 2012 hätte die Stadt rund 44 Millionen Franken weniger Steuern eingenommen. Profitiert hätte die Grossbank Crédit Suisse, die für eine Milliarde Franken ihren Sitz Uetlihof an einen norwegischen Fonds verkaufte. Weil die CS seit Jahren Verluste schrieb, hätte sie keine Grundstückgewinnsteuer zahlen müssen, obwohl sie dank der allgemeinen Wertsteigerung auf Immobilien einen enormen Millionengewinn realisierte. Auch in Winterthur und in Pfäffikon wären durch diese Revision in einem Jahr bis zu 1,5 Millionen Franken Steuern weniger eingenommen worden.

 

Nur Firmen profitieren, Private gehen leer aus

Von der Gesetzesänderung profitieren nur juristische Personen. Nur sie können diesen Gewinn mit Geschäftsverlusten verrechnen. Privatpersonen besitzen dieses Privileg nicht. Diese müssen immer Grundstückgewinnsteuern bezahlen. Jede Rentnerin und jeder Rentner muss beim Eintritt ins Altersheim Grundstückgewinnsteuern bezahlen, wenn er/sie sein bzw. ihr Einfamilienhaus, in dem er/sie dreissig Jahre lang lebte, verkaufen muss.

 

Steuerschlupflöcher werden geöffnet

Von dieser Revision werden nebst den Banken vor allem Immobilienfirmen profitieren. Sie können in Zukunft mit findiger Rechnungslegung oder bewusstem Verkauf in schlechten Jahren die Grundstückgewinnsteuer umgehen.

 

Weitere Steuersenkungen für Firmen folgen

Wegen der Steuerreform 17, die auf die vom Volk abgelehnte Unternehmungssteuerreform III folgen soll, will der Kanton die Gewinnsteuern für Firmen um sage und schreibe 25 Prozent senken. Dies führt zu einer massiven Entlastung von juristischen Personen.

 

Das Bundesgericht hat nichts gegen diese Besteuerung der Grundstückgewinne einzuwenden. Trotzdem wollte der Regierungsrat diese Änderung durchsetzen. Die Kommission beriet das Geschäft über drei Jahre. Offenbar drängte niemand stark auf diese Änderung. Heute ist diese einseitige Bevorzugung juristischer Personen umso stossender, als sie mit der nächsten Steuervorlage so oder anders entlastet werden sollen. Deshalb besteht kein Grund, vorgängig Zückerchen an die Firmen zu verteilen.

 

Sparen bei den Kleinen, Geldsegen für die Grossen

Die Finanzpolitik des Kantons ist klar. Sparen bei den Kleinen, Entlastung für Gutverdienende, Banken und Firmen. Mit dem Sparprogramm 2016, genannt Leistungsüberprüfung 16, sollten ca. zwei Milliarden Franken gespart werden. Bei der Bildung, beim öffentlichen Verkehr, bei der Prämienverbilligung für Krankenkassen wurden die Ausgaben reduziert. Die Lehrwerkstätten für Möbelschreiner und jene für das Modegewerbe mussten gar aufgehoben werden. Das Sparprogramm war unnötig, denn der Kanton schreibt heute satte Gewinne, so dass er die Steuern senken will. Davon profitieren Gutverdienende unverhältnismässig viel.

 

Grosse Lobby für das Grundeigentum

Das Grundeigentum besitzt im Kanton eine sehr grosse Lobby. Die Handänderungssteuer wurde abgeschafft, die Notariatsgebühren gesenkt und kürzlich ein eigentümerfreundliches Wassergesetz im Kantonsrat verabschiedet. Sobald es um Grundeigentum geht, wird hemmungslos lobbyiert und in die eigene Tasche gewirtschaftet.

 

Breite Allianz gegen Steuerreform

Die AL hat im Alleingang das Referendum gegen die Gesetzesänderung ergriffen und über 4000 Unterschriften gesammelt. Heute spricht sich neben der AL, der SP, den Grünen, der EVP und den Grünliberalen sogar die CVP gegen die Vorlage aus.

 

Mit einem Nein zu Verrechnung von Geschäftsverlusten mit Grundstückgewinnen können wir am 10. Juni 2018 zeigen, dass einseitige Klientelpolitik für Banken und Immobilienfirmen nicht im Interesse der Bevölkerung ist.

 

 

* Markus Bischoff ist Präsident der AL-Fraktion im
Kantonsrat

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