Runder Tisch «keine Option»

Wie in der P.S.-Ausgabe vom 22. März beschrieben, wurden die BewohnerInnen des Brunauparks bezüglich ihrer Zukunft lange Zeit im Ungewissen gehalten. Nun haben sich die involvierten Akteure erstmals klar über Pläne rund um die Grossüberbauung im Park geäussert.

 

Milad Al-Rafu

 

Am Donnerstag der letzten Woche brachte die Credit Suisse endlich Licht ins Dunkel: In einer ersten Bauetappe soll die Ladenpassage der Migros Brunaupark erneuert sowie die 69 daran angrenzenden Wohnungen abgerissen werden. Auf der freiwerdenden Fläche sind 270 neue Wohnungen geplant. Den betroffenen MieterInnen hat die Credit Suisse noch am Tag der Medienmitteilung auf Ende Juni 2020 gekündigt. In der zweiten Bauetappe, die Ende 2023 beginnt, sollen dann die weiteren Wohnungen an der Wannerstrasse durch 230 neue Wohnungen ersetzt werden. Dieser Teil der MieterInnen dürfte noch bis Ende Juni 2023 in den Wohnungen verbleiben. Einzig die 166 Wohnungen am Teich bleiben erhalten.

 

Mietzinskontrolle
Problematisch an dieser Planung ist, dass die Credit Suisse in Verträgen von 1973 bzw. 2002 mit der Stadt vereinbart hat, die 405 Wohnungen auf dem Gelände für 30 Jahre der Mietzinskontrolle zu unterstellen. Diese Mietzinskontrolle garantiert den MieterInnen eine städtisch kontrollierte Kostenmiete und schützt sie gleichzeitig vor Mietzinserhöhungen. In den Verhandlungen mit der Stadt im Jahre 1973 galt dieses Zugeständnis der Credit Suisse als grundlegende Voraussetzung für die Aufzonung des Geländes, die den Bau des Verwaltungsstandortes Üetlihof der Bank mit rund 6000 Mitarbeitern erst erlaubte.

 

Für 235 Wohnungen ist diese Mietzinskontrolle nun bereits ausgelaufen, für 170 Wohnungen gilt sie noch bis 2023 bzw. 2026. Lange sah es jedoch so aus, als würde der Stadtrat der Credit Suisse erlauben, die Wohnungen frühzeitig aus der Mietzinskontrolle zu entlassen. Aufgrund des Drucks des Mieterverbandes Zürich, der Interessengemeinschaft «Leben im Brunaupark» sowie einer Koalition von SP, Grünen und AL entschied sich der Stadtrat jedoch letzte Woche weiter an der Mietzinskontrolle festzuhalten. In Anbetracht dieses Entscheids des Stadtrates ist es nun fraglich, ob der Bau auf dem Gelände des Brunauparks noch in der geplanten Frist umgesetzt werden kann. Das Baugesuch hat die Credit Suisse bereits am 20. März eingereicht.

 

Mit dem Bau der neuen Wohnungen, kann die Credit Suisse umsetzen, was ihr schon lange vorschwebte: Die Erhöhung der Mietpreise. Versucht hat sie dies vor neun Jahren bereits einmal, als sie die Mieter­Innen der 166 Wohnungen im Brunaupark nach dem Auslaufen der Mietzinskontrolle, mit einer signifikanten Erhöhung der Miete konfrontierte. Die Begründung der Credit Suis­se, die Erhöhung des Mietzinses sei eine Anpassung an die «orts- und quartierüblichen Mietpreise», wurde jedoch sowohl vom Mietgericht Zürich als auch vom Obergericht als unzulässig abgelehnt. Dadurch konnte die Erhöhung der Mietpreise abgewendet werden.

 

Stellungnahmen
Walter Angst, AL-Gemeinderat und Leiter Kommunikation des Mieterverbandes, bezeichnete das Vorgehen der Credit Suisse als «Power-Play». «Dass man Leute einfach so rauswirft, weil man eine Mietpreiserhöhung nicht voll durchsetzten konnte, ist verwerflich», erklärt Angst. In einer Medienmitteilung von letzter Woche forderte der Mieterverband Zürich «einen Runden Tisch mit VertreterInnen der CS-Pensionskasse, der Stadt und der Interessengemeinschaft Leben im Brunaupark, an dem ergebnisoffen diskutiert wird, ob, wann, wie und unter welchen Rahmenbedingungen die Brunaupark-Überbauung erneuert wird».

 

Urs Spinner, Departementssekretär im Hochbaudepartement und Vertreter der Stadt, ist hierbei anderer Meinung: «Das Baugesuch ist eingereicht. Das kann nicht an einem Runden Tisch verhandelt werden. Was die Mietfragen betrifft, will und kann sich der Stadtrat nicht einmischen. Das ist Sache des privaten Vermieters und der Mieterschaft.» Auch in Sachen Mietzinskontrolle äussert er sich klar: «Die Mietzinskontrolle bezieht sich auf bestimmte Wohnungen. Die Mietzinskontrolle ist kein Kündigungsschutz.» Eine sinnvolle Etappierung halte er deshalb immer noch für möglich. «Das Festhalten am Vertrag zur Mietzinskon­trolle kann und soll die Ersatzneubauten nicht verhindern.»
Auf Anfrage erklärte auch die Credit Suis­se Group Schweiz, dass «ein Runder Tisch auf Grund der fortgeschrittenen Projektierung momentan keine Option ist». An der geplanten Etappierung im Brunaupark wolle sie ausserdem weiter festhalten: «In den Gebäuden, die in der ersten Bauphase ersetzt werden, unterliegen keine Wohnungen der Mietzinskontrolle. Dem geplanten Vorgehen steht diesbezüglich nichts im Weg. Für die zweite Bau­etappe werden wir im Gespräch mit dem Stadtrat eine Lösung suchen.»

 

Diese Aussagen werden die Bewohner­Innen des Brunauparks wohl relativ hoffnungslos zurücklassen. Eine rasche Beilegung des Konflikts können die Stadt und die Credit Suisse aufgrund der politischen Brisanz der tangierten Themengebiete – günstiger Wohnraum und gesellschaftliche Verantwortung von Grosskonzernen – sowie aufgrund der vielen rechtlichen Unklarheiten jedoch nicht erwarten.

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