Los gehts!

Gestern Donnerstag startete sie endlich, die WM 2018, allerdings erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe. Na ja, es gibt schlimmeres – immerhin können wir in den kommenden vier Wochen noch viel Fussball gucken. Dies obendrein zu normalen Zeiten, anders als vor vier Jahren…

 

Gleich bleibt hingegen das Luxusproblem, dass man zwischen etlichen Orten auswählen kann, an denen die Spiele gezeigt werden. Also: Wo gehn wir glötzle? Als «grösstes und schönstes Public Viewing in der Stadt Zürich, mit Wettersicherheit» preist sich jenes auf dem Turbinenplatz an. «Open-Air-Feeling mit Wettersicherheit!» soll es dort laut Ankündigung geben, eine Arena mit 2000 gedeckten Sitzplätzen auf einer Tribüne und einer Rampe sowie 1500 offene Sitzplätze, eine «kulinarische Fanmeile», Catering mit Bar und Lounges etc. etc. Das hat natürlich seinen Preis: Von sieben Franken für einen Stehplatz bis zur Dauerkarte für 25 Tage, die «ab 260» Franken kostet, ist die Auswahl gross. Mit letzterem Angebot allerdings kommen die Leute vom Turbinenplatz für mich zu spät: Ich habe dieses Geld bereits investiert – einmal FCZ-Saisonkarte im Sektor D macht 300 Franken… Ganz abgesehen davon ist das grösste Public Viewing ja keineswegs das einzige, im Gegenteil: Es findet sich garantiert für alle Geschmäcker, Ansprüche und Portemonnaiedicken etwas Passendes. Den «glatten Köbi» beispielsweise gibts immer noch, und vor dem Kanzlei steht dieses Mal zwar kein Zelt, dafür kann man alle Spiele in der Turnhalle sehen. Oder man geht ins Les Halles oder an den Idaplatz. Das Kosmos kann sich zwar nicht auf eine lange Tradition berufen – das gibts nun mal noch nicht so lange. Doch eine Leinwand aufstellen tun sie auch dort, schreibt jedenfalls der aktuelle ‹Züritipp›. Wobei: Am lustigsten wird es sicher wieder im Piccolo Giardino. Garantiert! Und wer nicht fündig wird beziehungsweise auf keinen der vielen Orte Lust hat, dem oder der bleibt ja immer noch entweder die Variante asozial – «meine Stube, mein TV» – beziehungsweise sozial – Leute einladen, etwas zum Knabbern aufstellen, geniessen.

 

Gespannt sein darf man obendrein, was uns spielerisch geboten werden wird. In der NZZ vom Donnerstag hat es eine ganze Seite voller Grafiken, Titel: «Wer spielt wie? Alle WM-Teilnehmer im Direktvergleich». Untertitel: «Treffsichere Deutsche, dominante Spanier, tacklingscheue Engländer. Und überall zwischendrin: die Schweiz.» Demzufolge sind etwa Saudiarabien, Ägypten, Tunesien oder auch Russland «schwächere Teams», Frankreich, Argentinien, Spanien, Deutschland und Brasilien «stärkere Teams». Ob es wirklich eine Seite Grafiken braucht, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen? Aber egal, praktisch sind solche Übersichten allemal. Die Schweiz befindet sich in dieser Grafik übrigens in der Nähe des Medians, immerhin auf der Seite der stärkeren Teams. Im Überblick über die acht Gruppen schreibt die NZZ dann aber schon, die Schweizer stünden vor einer «schwierigen Aufgabe». Ja, das kann man glaubs laut sagen… Kein Wunder, berichtet dieselbe NZZ auch noch aus dem WM-Quartier der Schweizer in Togliatti: Unsere Jungs würden dort nicht nur von Schweizer Journalisten «beäugt», sondern auch von solchen aus Brasilien – und alle wollten wissen, wie die Schweizer den brasilianischen Superstar Neymar bremsen wollen: «Und so muss jeder Spieler, der an einer Medienkonferenz spricht, irgendwann Auskunft geben zu Neymar.» Was will man da sagen als Spieler, ausser, der sei grossartig, gehöre zu den besten der Welt etc.? «Doch dann sprach am Mittwoch Remo Freuler als zweiter Schweizer Spieler vom Podium der Medienhalle. Freuler, ein eher scheuer Mensch und gegen Brasilien wohl nur Ersatzspieler, sagte: ‹Neymar ist ein Topspieler. Aber als Team kann man jeden stoppen.› Punkt.» Genau. So kommts gut. Schönes Brasilien-Schweiz allerseits!

 

Nicole Soland

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