Kontrollen – mit gutem Grund

Bei der Stadtpolizei Zürich gelten seit Anfang November neue Regeln für Personenkontrollen.

 

Nicole Soland

 

Das Projekt «Polizeiarbeit in urbanen Spannungsfeldern», kurz PiuS, ist in vier Teilprojekte portioniert, und um die ersten beiden ging es an der Medienkonferenz vom Montagmorgen: Im Fokus standen einerseits die Personenkontrollen und anderseits der Umgang mit Beschwerden. Wegen der Personenkontrollen sah sich die Stadtpolizei Zürich vor einiger Zeit mit Vorwürfen wegen Rassismus beziehungsweise wegen Racial Profiling konfrontiert. Die GemeinderätInnen Alan David Sangines und Linda Bär (beide SP) hatten am 15. April 2015 ein Postulat mit dem Titel «Verhinderung von auf ‹Racial Profiling› basierten Kontrollen durch die Stadtpolizei» eingereicht. Am 24. Juni 2015 doppelten Ezgi Akyol und Christina Schiller (beide AL) nach; mit ihrem Postulat forderten sie die «Durchführung eines Pilotprojekts gegen ‹Racial Profiling› durch Abgabe von Quittungen bei Personenkontrollen».

 

Sicherheitsvorstand Richard Wolff und Daniel Blumer, Kommandant der Stadtpolizei Zürich, informierten nun am Montag darüber, was sich bezüglich des Umgangs mit Personenkontrollen wie auch mit Beschwerden seither getan hat. Wolff schickte voraus, dass zwar lediglich «eine Handvoll» Klagen sowie total etwa 300 Beschwerden pro Jahr eingingen, dies bei rund 60 000 Einsätzen. Dennoch sei «jede Beschwerde eine zuviel». Wolff und Blumer haben deshalb dem Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte SKMR den Auftrag gegeben, die Arbeit der Stadtpolizei zu analysieren. Im Februar legte es seinen Schlussbericht vor. Diesen hat das Sicherheitsdepartement im Rahmen eines separaten Berichts analysiert und Empfehlungen formuliert.

 

Laut der Analyse des SKMR gibt es in der Stadt Zürich keine systematischen rassistischen Kontrollen. Doch es ist nicht auszuschliessen, dass Racial Profiling als «Fehlverhalten einzelner PolizistInnen vorkommen kann», wie Wolff erklärte. Deshalb sei «mehr Klarheit über die Kriterien für Anordnung und Ablauf von Kontrollen» nötig, und daraus ergäben sich einige Empfehlungen. Diese reichen von neuen Dienstanweisungen über Verbesserungen in der Aus- und Weiterbildung bis zur Einstellung von mehr PolizistInnen mit Migrationshintergrund.

 

Neu müssen die PolizistInnen den Personen, die sie kontrollieren wollen, den Grund für die Kontrolle nennen: «Das Bauchgefühl allein reicht nicht», sagte Wolff. Die entsprechende Dienstanweisung gilt seit Anfang November. Darauf, dass die PolizistInnen den Kontrollierten künftig eine Quittung ausstellen müssen, will Wolff jedoch verzichten. Einerseits sei unklar, ob der mögliche Nutzen den Mehraufwand rechtfertigen würde, und anderseits würden dadurch die kontrollierten Personen in jedem Fall in einer Datenbank erfasst. Stattdessen soll eine neue Web-Applikation zur Anwendung kommen, in der Ort, Zeit und Grund von Kontrollen ebenso vermerkt werden wie ein Hinweis darauf, ob im Anschluss an die Kontrolle eine Verzeigung oder Verhaftung erfolgte.

 

Die SP der Stadt Zürich bezeichnet die Massnahmen in ihrer Medienmitteilung als «geeignete erste Schritte» und den Verzicht auf die Abgabe von Quittungen als «aufgrund der Datenschutzbedenken grundsätzlich nachvollziehbar». Die SVP hingegen schreibt von einem «erneuten ideologischen Fehlentscheid» von Stadtrat Wolff.

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