GenossInnen, jetzt gehts ums Geld!

Am Parteitag der SP Kanton Zürich von morgen Samstag begründet Werner Kallenberger seinen Antrag auf eine Ja-Parole zur Vollgeldinitiative; hier präsentiert er vorab seine Argumente.

 

 

Werner Kallenberger*

 

 

Ich bin mir bewusst, dass Kantonalparteien zu eidgenössischen Vorlagen in der Regel keine Parolen fassen, die von jenen der SP Schweiz abweichen. Es gab aber auch schon zahlreiche Abweichungen von dieser intern ungeschriebenen Regel, wenn fundamental umstrittene Fragen zur Diskussion stehen, die Kantone, wie der Wirtschaftsstand Zürich als Finanzzentrum der Schweiz, anders gewichten als Bundesbern oder Landkantone.

 

Bei der Vollgeldinitiative handelt es sich um eine primär geldpolitische, finanz- und bankenrelevante Aufklärungsinitiative zur Frage, wer bei uns Schweizer Franken herstellen beziehungsweise verteilen darf. «Geld regiert die Welt, doch wer regiert das Geld?» Diese schon historische Systemfrage haben die Stimmbürger 1891 formal beantwortet, indem sie per Verfassungsrevision dem Bund das Monopol zur Banknotenausgabe verliehen. 1907 übernahm dann die neu gegründete Schweizerische Nationalbank (SNB) diese Aufgabe für die damals umfangmässig grösste gesetzliche Geldmenge. Erst neun Jahrzehnte später wurde klammheimlich durch eine Gesetzesänderung den Banken auch erlaubt, das inzwischen wichtigste digitale Buchgeld über Kreditbuchungen zu schaffen. Dieses digitale «Banken-, Buch- oder Giralgeld» ist aber kein gesetzliches Geld, sondern begründet nur vertragsrechtliche Ansprüche und gehört juristisch nicht den Gläubigern. Gemäss OR Art. 84 Abs. 1 gilt: «Geldschulden sind in gesetzlichen Zahlungsmitteln der geschuldeten Währung zu bezahlen.» Gesetzlich müssen wir somit in der Schweiz alles in Schweizer Franken bezahlen, es sei denn, wir hätten vertraglich ausdrücklich eine andere Währung wie zum Beispiel Euro als Zahlungsmittel vereinbart. So können wir bei uns auch nur Schulden in Schweizer Franken einklagen oder betreiben lassen und müssen auch unsere Steuern in Schweizer Franken bezahlen. Diese Geldtatsachen sind den meisten Leuten und zum Beispiel dem Zuger Bitcoin-Valley anscheinend egal, aber nicht legal!

 

Die SP-Schweiz-Delegierten waren sich mehrheitlich nicht bewusst, dass sie mit ihrem Nein zu Vollgeld, das heisst einem Nein zu einem allein staatlichen, gesetzlichen Bar- und Buchgeld, faktisch Ja sagten zu einer zunehmenden profitorientierten Geldprivatisierung der Banken und zu anonymen Schöpfern von Kryptogeld mit riesigem Energieaufwand und fehlender Transparenz und staatlicher Kon-trolle. Zudem ermöglicht die heutige Geld- und Börsenordnung – ohne die von der Vollgeldinitiative gewünschte wirkungsvolle Finanzmarktordnung – auch die Fortführung des verheerenden Kasinokapitalismus mit seinen über 100 Finanzkrisen in den letzten 60 Jahren.

 

Für eine sozialere und effizientere Geld- und Finanzordnung

Wie passt heute die Vollgeldinitiative zu den finanz- und wirtschaftspolitischen Forderungen und Zielen der SP? Wie ich schon an der letzten Delegiertenversammlung der SP Schweiz in Altdorf aufzeigte, was Jacqueline Badran und Thomas Hardegger ebenfalls versuchten, aber nicht einmal zu Wort kamen, sind folgende Übereinstimmungen: Die SP sieht, wie die Vollgeld-initiative, die anhaltende Notwendigkeit, die Finanzmärkte grundlegend und effizient regulieren zu können. Die zunehmende, unverständliche Bankenregulierung durch die unverbindlichen Empfehlungen von «Basel I – III» änderte aber wenig an der Krisenanfälligkeit des Bankensektors. Ein Grossteil des von Banken geschöpften Geldes fliesst primär weiter in die Finanzmärkte und erzeugt dort Renditedruck und Spekulationsblasen. Die Verzinsung der massiv angewachsenen, leistungslosen Finanzvermögen kann aber nur von einer funktionierenden effektiven Wertschöpfung in der Realwirtschaft geleistet werden.

 

Die Vollgeld-initiative schafft hier Voraussetzungen für eine sozialere und effizientere Geld- und Finanzordnung, indem Banken nicht mehr selbst ihr elektronisches Kasinogeld mit zwei Prozent Mindestreserve faktisch aus dem Nichts schaffen können. Nur wenn diese rund 550 Milliarden Buchgelder der Banken inskünftig von der Nationalbank geschöpft werden und die entsprechenden Gewinne der Öffentlichkeit zufliessen, kann unsere Zentralbank dannzumal auch eine effektive Geldpolitik betreiben. Nur ein demokratisch kontrolliertes und öffentlich gesteuertes Vollgeld schafft auch die Voraussetzungen für eine Demokratisierung der Wirtschaft, wie wir es ja auch seit Jahren fordern.

 

Selbstverständlich müsste bei einer Annahme der Vollgeldinitiative auch die heutige Direktion der SNB wesentlich verändert und erweitert werden. Die angebliche Neutralität des Geldes bleibt so lange eine Illusion, wie die herrschende Geldordnung weiter die Herrschenden privilegiert. Diese rechtliche Scheinordnung wollen und müssen wir ändern. Die Verwirklichung der Vollgeldreform wäre ein erster epochaler Schritt zu einer gerechteren Finanzordnung.

 

Das wurde auch von zahlreichen berühmten Ökonomen an der jüngsten Geldtagung im Gottlieb-Duttweiler-Institut bestätigt. Selbst der NZZ-Wirtschaftsredaktor Jürg Müller prophezeit als Co-Autor eines anonym bleibenden Bankers unter dem Pseudonym Jonathan McMillan «Das Ende der Banken» in der heutigen Geldordnung. «Das gesellschaftliche Sein prägt das Bewusstsein», das wissen wir heute alle. Diese Erkenntnis von Karl Marx gilt insbesondere auch für unsere heutigen Geldeliten. So verfasste Serge Gaillard als Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung im Auftrag von Bundesrat Maurer zusammen mit dem stellvertretenden Direktor der SNB die Botschaft gegen die Vollgeldinitiative und liess am Medienseminar vom 4. April verlauten, dass «Banken die Kundengelder als Kredite weitergeben». Dieser Falschaussage widersprechen selbst einzelne Banken und vor allem die Deutsche Bundesbank mit folgenden Worten: «Tatsächlich wird bei der Kreditvergabe durch eine Bank stets zusätzliches Buchgeld geschaffen.» Die Initianten prüfen deshalb auch eine Klage gegen die Eidgenössische Finanzverwaltung. Wir sind als SP-Genossen empört und lassen uns als Stimmbürger nicht von dieser PR-Kampagne der Finanzdirektion und Bankenlobby täuschen. Ein deutliches Ja zur Vollgeld-Initiative ist dazu die einzig wirksame Antwort!

 

Für immer noch Zweifelnde verweise ich auf Informationen unter: www.vollgeld-ini-tiative.ch bzw. auf www.vollgeld-und-gerechtigkeit.ch

 

* Werner Kallenberger ist Delegierter der SP Zürich 7/8

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