Europas bestes Hotel befindet sich in Athen

UnterstützerInnen und BewohnerInnen des City Plaza Hotels in Athen waren letzten Freitag in Zürich und berichteten von diesem einmaligen Hausprojekt für Menschen auf der Flucht.

 

von Anna Schmid

 

«Uns wird immer und immer wieder gesagt, dass es keine andere Möglichkeit als diese Sparpolitik und diese Flüchtlingspolitik gibt. Wir müssen darum kämpfen, um zu beweisen, dass Alternativen möglich sind, und dass wir dann diese Alternativen in Realität umsetzen können», sagt Olga, Bewohnerin des City Plaza Hotels in Athen.

Seit der Schliessung der Balkanroute im März 2016 sind 60 000 Flüchtende in Griechenland blockiert. Die Unterbringung dieser Menschen funktioniert mehr schlecht als recht. Seit Monaten werden sie in Lagern festgehalten, in denen es an allem fehlt: Essen, medizinische Versorgung, Waschmöglichkeiten, Schlafplätze. Die Bedingungen sind so schlecht, dass es immer wieder Aufstände und Protestaktionen gibt.

Eine Alternative zu dieser entwürdigenden Flüchtlingspolitik wurde am letzten Freitagabend in der Autonomen Schule Zürich vorgestellt: Das Hotel City Plaza in Athen. Das seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise leer stehende siebenstöckige Gebäude wurde vor einem halben Jahr von Flüchtenden zusammen mit griechischen und internationalen AktivistInnen besetzt. Seither leben dort 400 Menschen, die auf ihrer Flucht nach Westeuropa in Griechenland gestrandet sind. Das City Plaza ist kein Hilfsprojekt. Es ist ein Gegenbeispiel zur Politik der gesellschaftlichen Aussperrung von geflüchteten Menschen. Es ermöglicht 220 Erwachsenen und 180 Kindern aus verschiedenen Kriegsgebieten das Recht auf ein menschenwürdiges Wohnen.

Das vielsprachige Zusammenleben im City Plaza wird gemeinschaftlich und auf Augenhöhe organisiert. Jede Familie bekommt ein eigenes Zimmer – für Personen, die sich schon länger auf der Flucht befinden, fühlt sich ein solcher Raum der Privatsphäre wie ein Luxus an. Gleichzeitig arbeiten alle BewohnerInnen in verschiedenen Arbeitsgruppen mit, um den Alltag zu organisieren. Eine Gruppe ist für die Verpflegung zuständig und kocht dreimal am Tag 400 Portionen. Eine andere Gruppe, die sogenannten «Food Finders», versucht, möglichst günstiges Essen aufzutreiben. Inzwischen verfügen sie schon über ein Netz an Supermärkten, denen sie nach Ladenschluss Gemüse und Früchte zu günstigen Preisen abkaufen können. Selbstverständlich wird auch zusammen geputzt, gelernt, gespielt und politisiert.

 

Bislang geduldete Besetzung

Das Hotel steht in einem Quartier, in dem die rechtsextreme Partei «Goldene Morgenröte» besonders stark ist. Immer wieder werden in Athen Flüchtlinge von Rechtsex­tremen angegriffen, doch das City Plaza wurde zum Glück bis jetzt verschont. Am Anfang reagierten die Leute aus dem Quartier zwar sehr negativ auf die neuen Nachbarn. Am ersten Tag der Besetzung protestierten Leute vor der Türe des Hotels und drohten mit Gewalt. Inzwischen hat sich diese Feindseligkeit aber gelegt. Viele Nachbarn zeigen sich solidarisch und bringen Kleider und Essen vorbei. Sie freuen sich auch, dass das Hotel wieder belebt und mit Blumen bepflanzt ist. Bis jetzt hält sich auch die Repression von Seiten der Polizei in Grenzen. Trotz Klagen der Besitzerin des Hotels hat der griechische Staat noch nichts gegen die BewohnerInnen des City Plaza unternommen.

Als Olga an diese ersten Tage der Besetzung zurückdenkt, muss sie lachen: «Als wir die Besetzung planten, haben wir über alle möglichen Probleme diskutiert: Was machen wir bei einer Polizeiintervention? Wie gehen wir mit Konflikten mit der Nachbarschaft um? Wie reagieren wir auf Streitereien unter den verschiedenen Nationalitäten? Doch niemand von uns hat sich überlegt, was wir eigentlich mit 150 Kindern machen werden. 150 Kinder, die den ganzen Tag im Haus rumrennen – das hat uns im ersten Monat fast am meisten Nerven gekostet.» Nach langen Diskussionen und dank tatkräftiger Unterstützung der LehrerInnengewerkschaft dürfen nun alle Kinder des City Plaza eine öffentliche Schule besuchen. Von so etwas können Kinder in den staatlichen, abgeschotteten Camps nur träumen.

Das City Plaza ist auf Unterstützung angewiesen. Olga betont, dass besonders die internationale Vernetzung das Hotel vor einer Räumung schützt. Zudem braucht das Projekt unbedingt Geld, um das Essen für 400 Personen zu bezahlen. Jetzt im Winter kommen noch Heizkosten dazu. Nur eine grosszügige internationale Solidarität ermöglicht das Überleben dieses Projekts.

 

Mehr Informationen unter: www.europas-bestes-hotel.eu

 

Spendenkonto City Plaza Hotel (von Medico International verwaltet): IBAN: DE21 5005 0201 0000 0018 00.

 

*Anna Schmid unterstützte letztes Jahr in Idomeni (Griechenland) Menschen auf der Flucht. Sie ist in Zürich aktiv bei Alarmphone, einer Helpline für Flüchtende, die auf dem Mittelmeer in Seenot geraten.

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