Büsichappe-Wulle

Nicht wenige Frauen haben eine Wolle auf den US-Präsidenten Trump, der sich als Mösengrapscher outete, und auch noch gynäkologische Untersuche aus der Gesundheitsversorgung kippen will. Eine Feministin hatte dazu die Assoziation, ein pinkes Maskottchen zu stricken: von Trumps Zitat «Grab’em by the pussy» («an die Muschi grapschen») über «Pussycat» («Miezekatze, Mädchen») zum «Pussyhat» («Miezenkappe, Muschihut, Weibermütze»). Vielen erzürnten Amerikanerinnen leuchtete das ein, und sie erschienen im Januar pink ‹behütet› zu einem grossen Frauenmarsch. Ich war sofort begeistert, dass hiesige Feministinnen und Gewerkschafterinnen diese Idee am Frauenkampftag vom 8. März aufnehmen wollen und zum Mützenstricken aufrufen, und habe mir selber einen Pussyhat gestrickt. Bei meiner ersten Fahrt durch die Stadt sprach mich ein etwa 30-Jähriger im Tram darauf an: Ob das so ein Anti-Trump-Hut sei, was es damit genau auf sich habe, wer die Mütze verkaufe etc. Meine Teenager-Tochter war auch sofort Feuer und Flamme – sie erkannte das Teil sogleich, wusste um seine Aussage, und ich musste noch eine rosa Büsikappe für sie stricken. Welches andere Maskottchen wird weltweit so einwandfrei erkannt? Was sonst löste je unter Fremden eine spontane, aber ernsthafte Konversation über feministische Anliegen aus? Welches andere Accessoire kann 50-jährigen Müttern ebenso wie ihren 17-jährigen Töchtern gleichermassen als feministisches Statement dienen? Kurz und gut: Der Pussyhat hat das Potenzial, zum Symbol für das erstarkte Zusammengehörigkeitsgefühl unter Frauen zu werden, das mit Trumps frauenverachtendem Gehabe offenbar endlich wieder in grossem Stil für nötig befunden wird.

 

Andere Feministinnen haben mit dem ‹Hype› ein Problem. Sie finden das Ganze biologistisch, weil auf das biologische Geschlecht Bezug genommen wird. Oder sexistisch, weil Frauen auf ihr Genitale reduziert würden. Oder abwertend, weil Gassensprache verwendet wird. Oder unkritisch, weil weibliche Stereotypen perpetuiert würden. Oder essentialistisch, weil an den ‹überholten› Kategorien von Frau und Mann festgehalten wird, usw. Ich sehe das anders. Beim Übergriff aufs weibliche Genitale wie bei der Gynäkologie geht es tatsächlich eher ums biologische Geschlecht. Weder der Grapscher noch der Gebärmutterhalskrebs interessiert sich fürs soziale Geschlecht. Der Pussyhat reduziert uns nicht auf unser Genitale, sondern thematisiert es als Zielscheibe von physischen und verbalen Übergriffen, macht solche öffentlich und enttabuisiert sie. Der abwertende Ausdruck «Pussy» (etwa «Möse, Weiber, Feigling») wird damit usurpiert und in sein Gegenteil, einen Anlass zu Stolz und Gemeinschaftsgefühl, umgewandelt (ähnlich wie bei «schwul» oder «Nigger»). Die stereotyp weiblich konnotierten Aspekte Pink und Strick rufen ins Bewusstsein und problematisieren, dass immer das Weibliche als minderwertig gilt (Gebärerin vs. Erzeuger, Weichheit vs. Toughness, Vermittlung vs. Kampf, Häkeln vs. Fussball usw.). Damit wird auch klar, dass die Kategorien ‹Mann› und ‹Frau› keineswegs überflüssig sind: Ohne sie entschwänden der Grund und die Tatsache der Diskriminierung von Frauen im dichten Nebel der Unbenennbarkeit.

 

Demonstrieren wir gegen Frauenverachtung; für gerechte Löhne und Renten; für ein Pensionsalter, das unsere sozialen Aufgaben fair abbildet; gegen die Ausbeutung weiblicher Arbeit und für eine gerechte Aufteilung der Familienlasten! Und stricken wir unsere Wolle aufs Patriarchat gemeinsam in pinke Mützen: am 8. März um 15 Uhr im Frauenraum an der Mattengasse oder um 18 Uhr beim VPOD vis-à-vis Bahnhof Wiedikon!

 

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