Anything

Daniel Hellmanns neuste Bühnen­­installation kombiniert Bedeutungs­schwere mit Langeweile.

 

 
Die Auflösung der definierten Rollen zwischen MusikerIn, TänzerIn und SchauspielerIn in «Requiem for a piece of meat» ist eine Annäherung an das allererste «3art3 Company»-Stück vor fünf Jahren im Tanzhaus Zürich. Nur deckten sich damals Absicht und Resultat und die Poesieherstellung wirkte aufrichtig. Das misslingt diesmal und die fünf Viertelstunden angestrengten Unangestrengtseins wirken wie eine unglücklich erzählte Witzwiedergabe. Die dringlichste Assoziation führt in höfische Langeweile, die der Legende nach Marie-Antoinette dermassen plagte, dass sie sich eine Schäferszenerie im Schlosspark einrichten liess, um sich beim Beobachten von profanem Alltagsleben zu amüsieren. Allerdings kann man sich vor dem inneren Auge sehr wohl eine Verwandtschaft zwischen einer Choreographie und dem Dirigieren einer Schafherde mit Hundehilfe vorstellen, wohingegen einem dieser Tanzbegriff hier so partout nicht einfallen will. An ihrer Statt tritt eine Vielzahl von Haudraufsymboliken – der Paradiesapfel wird gleich säckeweise über die Bühne gekippt, der aufgeblasene Platzhalter für Fleisch sackt gemächlich in sich zusammen und die Tonspur scheint stellenweise einen Metallpflock für ein Fundament einschlagen zu wollen. Dem entgegen steht ein unbedingter Liebreiz der live gespielten und gesungenen Alten Musik und die vermutlich als unbelasteter Spieltrieb gemeinte Zufälligkeit von Bewegungsabläufen. Wie in der Kombination von all dem eine Assoziation zu industrieller Fleischproduktion in Korrelation zum Haustierverhätscheln in Korrelation zum durch Untätigkeit akzeptierten Massensterben auf dem Fluchtweg übers Mittelmeer nach Europa entstehen soll, bleibt Daniel Hellmanns Geheimnis. Natürlich erschafft er eine Aneinanderreihung von als Paradox zu verstehenden Nichtzugehörigkeiten, aber ein Automatismus zu einer durch Sperrigkeit hergestellten Anregung existiert nicht.
«Requiem for a piece of meat», 26.3., Gessnerallee, ZH.

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